An dieser Stelle veröffentlichen wir – mit freundlicher Genehmigung der Autorin Kathi Flau – den Rückblick der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung auf den Reporter Slam am 23. Oktober 2020 in der Bischofsmühle. Das Video der gesamten Show ist unmittelbar unter dem Text zu finden.
Am Ende entscheidet das Publikum in der ausverkauften Bischofsmühle: Jan Fuhrhop, Chefreporter der Hildesheimer Allgemeinen, hat an diesem Abend die beste Geschichte über die Hintergründe seiner Arbeit erzählt. Denn darum geht es beim Reporter Slam. Journalisten geben auf der Bühne Einblicke in Recherchen, in einen Alltag, der sie immer wieder nah an Menschen heranbringt, an Orte, an Ereignisse, über die sie nicht nur berichten, sondern die sie oft noch weit über eine gedruckte Zeitungsausgabe hinaus beschäftigt haben.
Für Fuhrhop war das die Geschichte eines Paares, das sich im März dieses Jahres mit dem Coronavirus infizierte. Während die Frau einen eher leichten Verlauf der Krankheit erlebte, erkrankte ihr Mann so schwer, dass er wochenlang um sein Leben kämpfen musste. Und bis heute unter den Folgen leidet. Dieser Mann, erzählt Fuhrhop, wollte seine Geschichte öffentlich machen. Um anderen zu sagen: Seid vorsichtig. Mit dieser Krankheit ist nicht zu spaßen. Entsprechend ernst ist diese Geschichte dann auch – gar nicht so lustig, wie es beim Reporter Slam, der zum ersten Mal in Hildesheim stattgefunden hat, oft zugeht. Und auch der zweite Beitrag, der von Eva-Lena Lörzer von der Berliner taz kommt, hat einen politisch-aktuellen Hintergrund. Sie erzählt von einer Reise nach Belarus, von einem Treffen mit Journalisten in einem Land, das von Meinungs- und Pressefreiheit nichts weiß. Was sie hier mit dem Übersetzer Igor erlebt, der ihr zur Seite gestellt wird, in Wirklichkeit aber gar nichts übersetzt, ist so unfassbar, dass es eine ganz eigene, wenn auch etwas bittere, Komik entwickelt. Die zehn Minuten, auf die jeder Vortrag begrenzt ist, scheinen für Lörzers Geschichte viel zu kurz. Man möchte ihr immer weiter zuhören.
Das geht aber nicht, denn nun kommt Jan Fischer auf die Bühne, freier Journalist aus Hannover. Er erzählt von der Weltmeisterschaft im Luftgitarrespielen, an der er einst im finnischen Oulu teilnahm und dabei die Bronzemedaille gewann. Das ist, unterlegt mit Bildern und einem Video von seinem Auftritt, zweifellos die lustigste Geschichte an diesem Abend, den Veranstalter und Reporter-Slam-Erfinder Jochen Markett moderiert. „Bei einer Luftgitarrenweltmeisterschaft muss man dabeigewesen sein“, sagt Fischer, „was da für Leute sind. Da kommen welche aus Australien nach Finnland, um auf der Bühne zu stehen, mit nichts in der Hand.“
Mit dem Hildesheimer Singer/Songwriter Nick Nepomuk hat Markett einen Musiker in die Mühle geholt, der mit eingängigen Songs und klugen Texten die perfekte Unterhaltung für einen Slam-Abend ist. Ob es um Alexa geht oder um die männliche Angepasstheit an gängige Idealvorstellungen: Nepomuk verpackt in Musik, was Reporter in Texte fassen. Wunderbare, skurrile Geschichten.
Auch Petra Hartmann von der Goslarschen Zeitung und Alexander Nortrup, Reporter bei der Landeskirche Hannover, bringen Unterhaltsames mit nach Hildesheim: Beide verbinden ihre journalistische Arbeit mit Erzählungen über ihre Familien. Doch am Ende gewinnen weder sie noch die lustigste Geschichte. Sondern die wichtigste: Jan Fuhrhops Reportage, in der es um so viel mehr geht als um Corona. Um Vertrauen. Um Aufrichtigkeit. Um einen Journalismus, der den „Lügenpresse“- Rufen mit Unaufgeregtheit und Wahrhaftigkeit begegnet. Und dafür zu Recht ausgezeichnet wird.